Eva Lichtspiele

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Wir zeigen heute,
Freitag, den 17.01.2025:


15:30 Eva:
Arrow Die Abenteuer von Kina und Yuk

17:45 Eva:
Arrow Konklave (DF)

20:30 Eva:
Arrow Die leisen und die großen Töne (DF)

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mit Anthony Hopkins

Freud - Jenseits des Glaubens (DF)

... seit dem Bundesstart am 19. Dezember im Eva!

Sonntag 19.01.
Montag 20.01.
Dienstag 21.01.



Schauspielkunst auf höchstem Niveau und eine intelligente Geschichte: Anthony Hopkins zeigt als Sigmund Freud noch einmal seine ganze großartige Ausstrahlung. "Wir sind alle Feiglinge im Angesicht des Todes", sagt der alte, kranke Mann und fasst damit in einem einzigen Satz zusammen, warum sich die Menschen so intensiv mit Religion und Philosophie beschäftigen.
Der sehenswerte Film entstand nach einem Theaterstück mit einer interessanten Prämisse: Einer der letzten Besucher Freuds vor seinem Tod könnte der Schriftsteller und Theologe C. S. Lewis gewesen sein, der unter anderem die "Chroniken von Narnia" schrieb. Der religiöse Lewis trifft hier auf den Atheisten Freud – und der Diskurs zwischen ihnen ist sowohl spannend als auch tiefgründig. Neben Anthony Hopkins spielen Matthew Goode ("Deine Juliet") und Liv Lisa Fries ("In Liebe, eure Hilde").

USA, Großbritannien, Irland 2023
Regie: Matt Brown
Drehbuch: Mark St. Germain, Matt Brown
Darsteller: Anthony Hopkins, Matthew Goode, Liv Lisa Fries, Jodi Balfour
Musik: Coby Brown
Länge: 110 Minuten

FILMKRITIK:
Wenige Monate nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich und dem so genannten „Anschluss“ an das Deutsche Reich im März 1938 konnte der damals schon schwer krebskranke, über 80-jährige Sigmund Freud mit seiner Familie von Wien nach London flüchten. Dass diese Flucht überhaupt möglich war, verdankte er vor allem seiner Tochter Anna. Es war abzusehen, dass Freud nicht mehr lange leben würde. Doch einige Zeit vor seinem begleiteten Selbstmord, um den Zeitpunkt herum, als der 2. Weltkrieg begann, traf er nachgewiesenermaßen einen Oxford-Professor, mit dem er ein langes Gespräch führte. Dieser Oxford-Professor könnte durchaus C. S. Lewis gewesen sein.

Anna Freud trifft ihn gleich zu Beginn, als er auf dem Weg zu ihrem Vater ist. Sie wünscht ihm viel Glück – er wird es brauchen, denn der alte Freud ist alles andere als ein unkomplizierter Zeitgenosse. Also kein Spaß mit Freud, sondern hier geht’s gleich ans Eingemachte. Denn als sie ihr Gespräch beginnen, für das es offenbar weder einen Plan noch ein Ziel gibt, wird schnell klar, dass es zwischen den beiden Wissenschaftlern um die ganz großen Fragen der Menschheit geht, und die wichtigste lautet: Gibt es einen Gott? In dieser Frage stehen sich der Atheist Sigmund Freud und der Theologe C. S. Lewis konträr gegenüber. Beide sind engagierte Wissenschaftler, und sie haben beide ihre Traumata, mit denen sie sich herumschlagen müssen. Vor allem C. S. Lewis konnte die Schreckensbilder des 1. Weltkriegs bis dato nicht verarbeiten.

Für beide Männer ist der Respekt voreinander selbstverständlich, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind. Ihr Gespräch wird nicht nur zum Diskurs über die Existenz Gottes, sondern auch zu einem Muster für Streitkultur. Freud und Lewis attackieren sich nicht verbal. Sie diskutieren und disputieren, sie hören einander zu, und dabei sieht es so aus, als ob ihre gegenseitige Hochachtung sogar noch größer wird, je länger sie sich unterhalten. Es sind schwierige Zeiten, der 2. Weltkrieg steht bevor, doch die beiden schaffen es trotzdem, sich weder in Schuldzuweisungen noch in Anklagen zu ergehen oder gar ins Jammern zu verfallen.

Der Film entwickelt auf der Grundlage der beiden so unterschiedlichen Biografien eine spannende Verbindung zwischen Psychologie, Philosophie und Theologie: Lewis und sein Kriegstrauma, Freud und sein Verhältnis zu Frauen, insbesondere zu seiner Tochter Anna. Den beiden Männern geht es nicht ums Rechthaben, sondern um Erkenntnisgewinn. Und so ist es ein recht ruhiger Film geworden. Anthony Hopkins übernimmt dabei die Führung, er spielt Freud als ausgefuchsten Intellektuellen und im nächsten Moment als leidenden alten Zausel, der seine Tochter kujoniert. Er ist witzig und melancholisch, starrköpfig und kreativ, wenn es sein muss, auch alles zur gleichen Zeit. Matthew Goode als sein Gegenspieler kann gut mit ihm Schritt halten, Anthony Hopkins lässt ihm – man muss es so ausdrücken – genügend Raum, um sich selbst zu profilieren. C. S. Lewis ist hier ein Mann, der sich zwar in seinem Glauben nicht erschüttern lässt, nicht einmal jetzt, zu Beginn eines neuen, schrecklichen Krieges, der aber dennoch von seinem Diskussionspartner etwas lernen will. Und da ist auch noch Liv Lisa Fries: Sehr beherrscht und mit einer gewissen Sprödigkeit spielt sie Freuds Tochter Anna. Selbst eine anerkannte Wissenschaftlerin lässt sie sich von ihrem Vater ausnutzen, vielleicht weil sie hofft, dass er endlich die Liebe zwischen ihr und ihrer Lebensgefährtin akzeptiert.

Der kleine Schlenker ins Private macht den Film insgesamt etwas emotionaler, was ihm guttut. Ähnlich wie die Rückblenden in den 1. Weltkrieg bringt er eine weitere Ebene in die insgesamt von den klugen Dialogen der beiden Männer bestimmte Diskussion, die jede Menge Stoff zum Nachdenken bietet. Doch der wesentliche Eindruck wird hier von den schauspielerischen Glanzleistungen bestimmt, wobei Anthony Hopkins den größten Anteil trägt. Ein sehr würdiges, kluges Alterswerk.

Gaby Sikorski (programmkino.de)



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